Auf dem Jakobsweg in der Schweiz
Mittwoch, 12.09.2018: Nach einem guten Frühstück gings gleich los mit einem rassigen Anstieg nach Hofstetten, vorbei an schönen alten Bauernhäusern durch bäuerlich geprägte Landschaft. Bei Scherrer machten wir kurz Rast auf der Terasse des alterhrwürdigen - etwas vernachlässigten aber wunderschön gelegenen - Hotel "Churfirsten" mit Aussicht auf die Bergruppe des Churfirsten, auf die Glarner und in der Ferne auf die Berner Alpen.
Dann gings hinunter nach Wattwil, wo wir uns kurz vor der Stadt mit einem Zwetschken-klaubenden Bauern über die Probleme der schweizerischen Landwirtschaft unterhielten: man hat den Eindruck, dass dort die Probleme im Grunde genommen dieselben wie bei uns sind (niedrige Preise für die landwirtschaftlichen Produkte, große Konkurrenz durch billig produzierende Großbetriebe im Ausland) nur das sie dort ein paar Jahre später aufgetreten sind.
Nach einer Mittagsrast bei der Burgruine Ilnberg hatten wir wieder einen Anstieg zu bewältigen (man kriegt auf dem schweizerischen Jakobsweg jeden Tag einige Höhenmeter zusammen!) - hinauf auf den Laadpass (auf 990m Höhe), wieder mit herrlichen Ausblicken und einer "Selbstbedienungs-Getränkehütte" (das schmeckt!).
Beim Abstieg kamen wir an einem Truppenübungsplatz vorbei, auf dem gerade Schießübungen stattfanden: irgendwied beängstigend!
Der Weg bis zum Quartier in einem Bauernhaus bei St. Gallenkappel zog sich dann noch einigermaßen, aber schließlich erreichten wir unser Strohlager doch noch vor dem Dunkel-werden. Das "Schlafen im Stroh" ist in der Schweiz eine günstige Übernachtungsmöglichkeit bei Bauern: man schläft in einem Lager (ähnlich wie auf Berghütten), bei dem die Unterlage aus Stroh oder Heu besteht - urig aber durchaus gemütlich und erholsam.
Die junge Gastgeberfamilie war sehr nett und gesprächig: der Jungbauer war Mitglied der schweizerischen Schibob-Nationalmannschaft und plauderte ein wenig über seine diesbezüglichen Erlebnisse.
Tagesimpuls: Halte immer ein Stück Himmel über dir offen!
Donnerstag, 13.09.2018: Frühstück mit zwei Schweizerinnen, die auch im Stroh übernachtet haben, mit Gespräch über die Notwendigkeit, das Leben zu "vereinfachen", bescheidener und einfacher zu leben.
Unterwegs dann Einkehr in einem Kaffehaus in Eschenbach, zu - für Schweizer Verhältnisse - annehmbaren Preisen. Über schöne Wiesen- und Waldwege ging es weiter bis Jona, einem Vorort von Rapperswil, auf dem Weg gab es immer wieder wunderbare Ausblicke auf den Zürichsee (der leider rundherum völlig verbaut ist). Nach einer Mittagseinkehr bestiegen wir den Burghügel von Rapperswil mit der neugotischen Johanneskirche und einem herrlichen Ausblick auf die Stadt und den See. Es wurde immer wärmer und beim Überqueren des Sees auf einem Holzsteg (der längsten Holzbrücke der Schweiz) kamen wir richtig ins Schwitzen! Dann wanderten wir auf einer in den See hineinragenden Landzunge weiter entlang der Bahnlinie und hinein in die Stadt Pfäffikon und weiter hinauf in Richtung einer Erhebung auf der Südseite des Zürichsees. Am Stadtrand hatten wir unser Quartier ebenfalls wieder auf einem Bauernhof: diesmal nicht so urig, mit einem Matratzenlager und wunderbarer Sicht auf die Stadt und den See!
Tagesimpuls: Halte immer wieder einmal inne, schau, höre, fühle, rieche.... ganz bewusst und konzentriert, lass dich von deinen Gedanken nicht ablenken, nimm sie wahr, aber lasse sie "vorbeiziehen".....
Freitag, 14.09.2018: Nach dem gestrigen Regen war es zwar noch bewölkt, aber nicht kalt und nach dem Frühstück ging es gleich wieder tw. ziemlich steil den Berg hinauf: zuerst über Wiesen und dann durch Wald hinauf auf den Etzelpass auf über 900m Höhe. Oben steht die Meinrad-Kapelle und daneben ein Hotel mit Einkehrmöglichkeit, wo wir uns mit Kaffee und Kipferl belohnten. Über Almlandschaft gingen wir wieder abwärts und überquerten die Siehl über eine schöne Steinbrücke nahe der sich der Geburtsort des berühmten mittelalterlichen Arztes, Mystikers und Philosophen Paracelsus befindet (bei Egg, Kanton Schwyz).
Über ein Hochmoorgebiet mit interessanter Vegetation gelangten wir zum Siehl-Stausee, dahinter wurden schon die Türme der Abtei von Einsiedeln sichtbar. Dieser Klosterbau hat riesige Ausmaße und eine imposante barocke Kirche mit einer (Über-) Fülle von Farben und Figuren, die beinahe erdrückend wirken. Ergreifend ist es aber, wenn man die Menschen beim Gnadenbild der Maria beten sieht und einem bewusst, wird, wie viele Menschen schon hierher gekommen sind, um betend zu BITTEN und zu DANKEN - irgendwie spürt man, es ist ein Gnadenort!
Bei der Einkehr in Einsiedeln trafen wir nochmal unsere zwei Schweizerinnen Brigitte und Martine, Brigitte kehrte an diesem Tag nach Hause zurück, Martine setzte den Wege fort.
Dann machten wir uns wieder auf den Weg in Richtung Süden: hinein in das grüne Alpthal und abends erreichten wir den Ort Alpthal, wo wir in einem netten Privatquartier nächtigten.
Tagesimpuls: Niemand kann dir die Brücke bauen, auf der gerade du über den Fluss des Lebens schreiten musst, niemand außer dir allein ((F. Nietzsche).
Samstag 15.09.2018: Nach einem ausgezeichneten Frühstück bei Simone (eine Ostdeutsche, die schon über neun Jahre in der Schweiz lebt) brachen wir schon um sieben auf: es war kühl und anfangs nebelig und nach einem kurzen Weg den Bach entlang hatten wir wieder einen ordentlichen Anstieg durch den Wald hinauf aufs Hagenegg auf 1400m Höhe. Oben befindet sich ein Almgebiet mit ein paar kleinen Schiliften und im Hintergrund thronen die zwei Mythen - zwei markante, steile Berggipfel! Wir hatten Glück, denn das Gasthaus oben hatte schon offen und es gab wieder eine Belohnung in Form von heißer Schokolade und Kuchen!
Neben dem Gasthaus befindet sich eine sehr schöne, modern-schlichte Jakobus-Kapelle, der wir vor dem Abstieg ebenso einen Besuch abstatteten und dort zu unserer Überraschung Martine trafen, die den Anstieg ebenfalls schon bewältigt hatte. Mit ihr gingen wir den tw. sehr steilen Weg hinunter in Richtung Schwyz, zuerst durch Wald und dann mit frei werdendem Blick auf Schwyz, Brunnen, den Lauerzer- und den Vierwaldstätter-See. In der Stadt Schwyz erlebten wir zu unserer Überraschung den Almabtrieb mit einer Kuhherde, die mit ohrenbetäubendem Kuhglockengetöse mitten durch die Stadt getrieben wurde!
In der Pilgerherberge der überaus herzlichen Kreuzschwestern in Ingenbohl bei Brunnen fanden wir ein Quartier für die kommende Nacht. Am späteren Nachmittag hatten wir noch Zeit, um nach Brunnen zum Vierwaldstättersee zu wandern und dort ein wenig zu bummeln und die imposante Landschaft zu bestaunen.
Nach der Rückkehr in die Herberge luden uns eine Schwester und ihre Besucherin noch zu einem Käse-Raclette. Wir sprachen über die "Schweizer Verhältnisse", über die dort erlaubte Sterbehilfe......bevor wir uns in unser Mehrbettzimmer begaben, das wir zwei alleine für uns hatten!
Tagesimpuls: Den "Anfängerblick" einüben - alles mit Aufmerksamkeit, Staunen und Dankbarkeit betrachten, wie ein Kind.....die kleinen Dinge zu Höhepunkten machen!
Sonntag 16.09.2018: Schwester Doris machte uns ein gutes Frühstück und frühstückte auch selbst mit uns und mit einem zweiten älteren Pilgerpaar aus dem Schwabenland, die ebenfalls in der Pilgerherberge übernachtet hatten.
Nach dem Fußmarsch zur Schiffsanlegestelle setzten wir über nach Treib (rd. 10 Min. Fahrt mit dem Schiff) und von dort gingen wir den Berg hinauf und dann im leichten Auf und Ab weiter, immer wieder mit wunderbaren Ausblicken auf den See und die am Ufer liegenden Ortschaften. Schließlich über einen teilweise luftigen, aber gesicherten Felspfad nach Sunnwil (interessante Kapelle mit einer alten Totentanz-Darstellung) und Emmetten, ein touristisch geprägter Ort (Wanderer, Biker, Paragleiter....), in dem wir Mittagsrast machten. Dann wieder hinunter zum See nach Beckenried - in einer Kapelle hatte jemand Weintrauben für Pilger hingestellt, eine willkommene Aufmerksamkeit!
Über Buochs und Stans gelangten wir am Spätnachmittag zu unserem etwas außerhalb von Stans gelegenen Quartier im Heu-Lager bei einem aussichtsreich über dem Alpnacher- und 4-Waldstättersee gelegenen Bauernhof (eine Luxusausgabe des "Schlafens im Heu/Stroh: völlig neu gebaut mit super Sanitäreinrichtung und Aufenthaltsraum, wo auch "normale" Zimmer angeboten wurden; wir haben als einzige von mehreren Gästen im Heu-Lager geschlafen).
Tagesimpuls: jeder Sonntag ist ein kleines Osterfest - eine Auferstehung (Ausspruch von Sr. Doris an diesem Sonntagmorgen beim Frühstück); sehe ich das auch so und wozu stehe ich auf?
Montag, 17.09.2018: Am letzten "Marschtag" unserer heurigen Jakobsweg-Pilgerung begrüßte uns in der Früh schon die Sonne. Nach einem köstlichen Frühstück ging es gleich wieder bergauf, vor uns der "Pilatus" ein markanter Berg auf der Westseite des Alpnacher-Sees. Der Weg verläuft wunderbar auf der Höhe mit herrlichen Ausblicken auf Berge und Seen. In St. Jakob besuchten wir natürlich die Jakobuskiche (schlicht und schön) und kehrte unterwegs in einem originellen Selbstbedienungs-
"Pilger-Stibli" ein. Auf sanften Wiesenwegen mit Blick auf den Sarner See, die umliegenden Berge und die Ortschaften im Tal und am See (Kerns, Sachseln, Sarnen) wanderten wir weiter zum Kloster Bethanien und zur Kirche St. Niklausen. Schließlich ging es hinunter in die Ranft-Schlucht, in der Niklaus von der Flüe seine Klause hatte. Niklaus lebte im 15. Jhdt. in der Ranft-Schlucht als Einsiedler, Asket und Mystiker und gilt als Schutzpatron der Schweiz. Natürlich suchten wir die Ranft-Kapellen auf, in einer davon kann man die von Niklaus v.d.F. bewohnte Klause besichtigen, und stiegen dann hinauf in den Ort Flüeli-Ranft.
Nach einigen Hindernissen bekamen wir im "Ranft-Zentrum" (ein geistliches Einkehr-Haus) doch noch ein Zimmer für die Übernachtung und eine nette Wirtin machte für uns noch etwas zum Essen, obwohl sie, als wir im Gasthaus ankamen, schon beim Zusperren war. Vor dem Dunkelwerden ging sich sogar noch ein kleiner Abendspaziergang durch den Ort aus - imposant steht unweit des Ranft-Zentrums ein wunderbares Jugendstil-Hotel (wir haben nicht nach dem Übernachtungspreis gefragt!).
Nach der Überlieferung soll Niklaus von Flüe diese Verse täglich gebetet haben:
- Mein Herr und mein Gott,
- nimm alles von mir,
- was mich hindert zu dir.
- Mein Herr und mein Gott,
- gib alles mir,
- was mich führet zu dir.
- Mein Herr und mein Gott,
- nimm mich mir
- und gib mich ganz zu eigen dir.
Dienstag, 18.09.2018, Tag der Heimfahrt: Mit dem Bus fuhren wir um neun bis Sarnen, dann weiter mit dem Zug bis Luzern, wo wir bis zur Abfahrt des nächsten Zuges noch Zeit hatten, durch das schöne Zentrum zu schlendern. Dann ging es mit dem Zug weiter nach Zürich, wo wir in den ÖBB-Railjet umstiegen und ohne weiteres Umsteigen bis nach Linz fahren konnten! Im Zug lernten wir ein nettes älteres Schweizer Paar kennen, das ebenfalls nach Linz fuhr, weil sie eine Radtour von Linz nach Wien planten - von ihnen erfuhren wir einiges über Schweizer Geschichte und Schweizer Eigenarten: ein passender und schöner Abschluss!
Nach der Ankunft am Abend in Linz gab es natürlich den traditionellen Ankunfts-Zeremoniell mit Leberkäs und Bier beim "Leberkas-Pepi am Bhf.: wir genossen dabei nicht nur das Essen und Trinken, sondern auch die hiesigen Preise!!!
{lk}